
Es ist in etwa so, als ob man festgestellt hätte, dass einige der ältesten Eichen Europas kürzlich umgefallen wären. Baobab Bäume gibt es in Afrika zu tausenden und es gibt keine wissenschaftlichen Erkenntnisse, dass es sich bei dem beobachteten Phänomen um ein epidemiartiges, vom Klimawandel hervorgerufenes Baobab-Sterben handeln würde.
Jedoch ist die mediale Panik derzeit groß. Handelt es sich doch um einen ikonischen Baum, den viele Menschen mit der Weite und Wildnis Afrikas verbinden und den vielleicht auch gewissen Mythos umweht. Das sorgt für interessante Schlagzeilen.
Was war passiert?
Zwischen 2005 und 2017 hatte ein Forscher Team rund um den rumänischen Biochemiker Adrian Patrut von der Babeş-Bolyai Universität in Cluj-Napoca, Rumänien die ältesten Baobab Bäume Afrikas mit dem Ziel untersucht, das Alter dieser Bäume mittels der Radiokarbonmethode zu bestimmen. Dabei stellten sie fest, dass einige der 13 ältesten Bäume bereits umgefallen, zum Teil schon gestorben waren.(1)
2018 erschien daraufhin im Fachmagazin „Nature Plants“ ein wissenschaftlicher Beitrag, der die Ergebnisse der Forschungsgruppe darstellte.
Dieser Beitrag stellte vor allem das "plötzliche" Sterben der Baobab Bäume in den Vordergrund. Diese Information wurde sodann von etlichen Medien aufgegriffen und weiterverbreitet.
Jedoch so, dass, so finden wir, der Eindruck entstand, dass es sich um ein dramatisches, durch den Klimanwandel hervorgerufenes Baobab-Sterben handeln würde.
Schlagzeilen wie: "Angst um das Wahrzeichen Afrikas - Die Baobabs sterben" (Bild, 01.01.2019), "Klimawandel? Jahrtausendealte Baobab-Bäume sterben plötzlich" (Stern, 14.06.2018), "Baobab: Die typischen Afrika-Bäume verschwinden." (WELT, 11.06.2018) machten die Runde und vermitteln den Lesern, dass es sich bei diesem Phänomen um das nahe Ende aller Baobab Bäume handeln würde.
Was ist das Besondere an Baobab Bäumen?
Baobab Bäume können nicht nur besonders groß werden und ein Holzvolumen von bis zu 500m³ erreichen, sie können auch besonders alt werden. Baobab Bäume sind die am ältesten werdenden Vertreter der Klasse der Samenpflanzen, der sogenannten „Bedecktsamer“ (Angiospermen, auch „Blütenpflanzen“ genannt). Einige der Bäume können über 2000 Jahre alt werden. Das älteste bekannte Exemplar, der in Simbabwe gewachsene „Panke“, war bereits 2011 mit rund 2400 Jahren gestorben.
Vor diesem Hintergrund ist es verständlicherweise wissenschaftlich sehr interessant zu prüfen, ob dieses vermeintliche Baobab-Sterben evtl. durch den Klimawandel bzw. dessen Folgen ausgelöst wurde.
Zwischenruf: wir möchten an dieser Stelle nicht den Klimawandel und dessen Folgen leugnen, sondern stellen in Frage, ob dies der ausschließliche Grund für das Sterben der alten Baobab Bäume sein könnte. Ferner stellen wir in Frage, ob es sich hierbei um eine Epidemie handelt und eine Kausalität (und nicht nur eine Korrelation) existiert und ob gegebenenfalls andere Faktoren den Tod der Baobab Bäume ausgelöst haben könnte.
Ist die Schlußfolgerung richtig?
Wagen wir folgendes Gedankenspiel: Angenommen, Forscher würden sich aufmachen, die 60 ältesten Menschen Europas zu besuchen, um diese zu untersuchen und würden sich dafür 12 Jahre Zeit lassen. Wie wahrscheinlich wäre es dann, dass in dieser Zeitspanne einige dieser Personen nicht mehr von den Forschern in lebendem Zustand angetroffen werden würden? Würde man daraus auf ein epidemiologisches Phänomen schließen?
Ungefähr so könnte man die Untersuchungsergebnisse der Forschergruppe auch interpretieren.
Oder anders gefragt, warum sollte man erwarten, dass ein Baum, der 2400 Jahre gelebt hat, weitere Jahrzehnte oder Jahrhunderte lebt?
Und ferner ist die Feststellung, dass es gerade jetzt ein Baobab-Sterben geben könnte wissenschaftlich unpräzise, da es keine vergleichbaren Studien aus anderen Jahrzehnten gibt. Insbesondere dann, wenn der Klimawandel, dessen Auswirkungen sich besonders in den letzten Jahrzehnten manifestieren der Grund für das Sterben der Baobab Bäume sein soll.
Man könnte die Hypothese aufstellen, dass es schon immer Baobab Bäume gab, die irgendwann gestorben sind. Dies ist auch einleuchtend, denn sonst müssten die Baobab Bäume ewig leben.
Sicher, auffällig ist das Phänomen und daher wert, es zu untersuchen. Wissenschaftlich präzise aber wäre, wenn man beispielsweise eine Studie aus den 1940er oder 1950er Jahre heranziehen könnte, in denen die Folgen des Klimawandels vermutlich noch kein Faktor gewesen sind.
Ökologen wie die Baobab-Forscherin Dr. Sarah Venter von der Universität Witwatersrand in Südafrika sehen die Lage wie folgt:
„Die aktuellen Erkenntnisse deuten nicht darauf hin, dass dies die gesamte Baobab-Polpulation betrifft. Laufende Untersuchungen zeigen, dass die Baobab-Populationen im südlichen Afrika gesund und stabil sind. Die Baumsterblichkeit ist komplex und kann auf viele Ursachen zurückgeführt werden, darunter Klimawandel und Dürren. Die spezifischen Bäume, die im Untersuchungsbericht erwähnt wurden, wurden nach ihrer Größe und ihrem Alter ausgewählt und waren daher wahrscheinlich anfälliger für Trockenheit als andere Individuen in der Population. Weitere Daten sind erforderlich, um genau festzustellen, was die Ursachen der Mortalität für jeden dieser Bäume waren. Die Forschung erweitert unser Wissen über die Auswirkungen von Klimawandel und Dürre weiter, aber aktuelle Daten und Studien deuten nicht auf eine Sorge um die Baobab-Populationen als Ganzes hin.“
Auch die Forscherin Dr. Aida Cuni Sanchez von der Universität von York, UK sieht die Lage differenziert und erläuterte diese im Rahmen des ersten internationalen Baobab Congress im Februar 2019 in Erlangen. Sie hatte Prognosedaten unterschiedlicher Klimamodelle und Bodenbeschaffenheitsdaten übereinandergelegt, um die Änderungen in aktuellen und zukünftigen Habitaten der Baobab Bäume zu identifizieren.
Das Ergebnis war, dass die meisten der derzeitigen Habitate im südlichen Afrika weiterhin als „suitable habitats“ gelten können, also als geeignete Lebensräume und dass in Ostafrika sogar bessere Bedingungen entstehen könnten, in Abhängigkeit von der genetischen Varietät der Baobab Bäume.(2)
Darüber hinaus scheinen ganz andere Faktoren das Fortbestehen des Baobab-Baumes zu beeinflussen. Insbesondere die Überweidung durch Vieh, welches Baobab Keimlinge und junge Bäume frisst stellt ein großes Problem dar.
Auch die Entnahme von Grundwasser, die, vermutlich gesteigert durch die Folgen des Klimawandels, zugenommen hat, könnte die Bäume beeinträchtigen. Und, schlussendlich sind es die „Pollinators“, die Bestäuber, die die Baobab Blüten bestäuben, die vom Klimawandel in andere Region der Erde vertrieben werden, in denen keine Baobab Bäume wachsen.
Denn, Baobab Bäume werden nur durch eine bestimmte Mottenart und durch Fledermäuse bestäubt. Diese beiden Arten sind somit für den Fortbestand der Bäume essentiell.
Unserer Ansicht nach gibt es keinen Grund zur Hysterie. Es gibt keine Anzeichen für ein epidemiartiges Sterben der Baobab Bäume, noch gibt es eine Baobab Knappheit. Mehrere Tausend Tonnen Baobab könnten jährlich in Afrika erzeugt werden – ein Großteil davon bleibt derzeit noch ungenutzt und verrottet.
Dies ist ein riesiges Potenzial für Einkommensschaffung für die ländliche Bevölkerung Afrikas, welches derzeit noch größtenteils ungenutzt ist.
Artikel wie die der rumänischen Forschergruppe und die darauf resultierenden Medienreaktionen erzeugen ein einseitiges und, wie wir finden, eventuell falsches Bild der Sachlage.
Vielmehr sollte das gemeinsame Augenmerk auf einer nachhaltigen und umweltverträglichen Nutzung von Baobab liegen. So, wie es beispielsweise die "African Baobab Alliance" vorschlägt.
Nachhaltige Nutzung von Baobab kommt nicht nur der ländlichen Bevölkerung Afrikas zugute, sondern spielt im Sinne des „Conservation through Commercialisation“ Ansatzes, also des "Schutzes durch Nutzung" eine wichtige Rolle.
Daher sollte beim Kauf von Baobab Pulver immer auf die Herkunft geachtet werden und ob die Hersteller Angaben über die Gewinnung des Baobab Pulvers machen können.
Quellen:
(1) Patrut, A, et. al. The demise of the largest and oldest African baobabs, in: Nature Plantsvolume 4, pages423–426 (2018)
(2) Aida Cuni Sanchez, Patrick E. Osborne, Nazmul Haq: Climate change and the African baobab (Adansonia digitata L.): the need for better conservation strategies, in: African Journal of Ecology, 2011.